Nein zur geplanten Halbierung der Ticketsteuer

Während in (Landes)Regierungskreisen sozialrassistisch die Kürzung der Mindestsicherung in Angriff genommen wird, soll die 2011 eingeführte Flugabgabe vulgo „Ticketsteuer“ halbiert werden.

Die ohnehin äußerst gering angelegte Abgabe – je nach Streckenweite 7 bis 35 Euro – sollte eine Spur von Kostenwahrheit in den Luftverkehr bringen und die stets steigende und ökologisch verheerende Tendenz weg von der Schiene und hin zur Luftfahrt bremsen. Das gefällt der Luftfahrtindustrie nicht, und nachdem ihre Lobby beim Schelling immer ein offenes Ohr findet, macht sich dieser auch für die sofortige Reduzierung der Ticketsteuer stark.

Die Abgabe, so Schelling & Co, schade dem Wirtschaftssstandort. Auch der „Standard“ ist besorgt. Die eingenommenen Steuermittel „hätten die unliebsame Nebenwirkung, dass Fluggesellschaften Investitionen lieber in München oder Zürich vornehmen könnten statt in Wien.“

Es zeigt sich, dass selbst kleine ökologische Reformen in der jetzigen Niedergangsphase des neoliberalen Kapitalismus nicht umsetzbar sind. Das zeigt sich auch bei der Positionierung von Sozialdemokratie und Gewerkschaften: Sie finden die unökologische Steuersenkung eigentlich in Ordnung und verlangen lediglich beschäftigungswirksame Investitionen in Österreich. … Dass Wirtschaftskammer und Finanzminister so agieren ist keine Überraschung, für den ÖGB hingegen ist es ein Armutszeugnis. Er denkt offensichtlich auch 2017 noch in den alten, fordistischen Mustern jener Jahre, in denen ökologische Aspekten keinerlei Bedeutung zugemessen wurden, so lange Wachstum und Lohnhöhe stimmten.

In Zeiten, in denen selbst die von den Herrschenden sich selbst auferlegten Klimaziele weit verfehlt werden, opfert also die rotschwarze Koalition noch die paar ausgleichenden Mechanismen dem Verwertungszwang. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, steht doch mit dem Ausbau des Flughafen Wiens auch das laut „System Change, not Climate Change!“ klimaschädlichste Großprojekt Österreichs  ganz oben auf der rotschwarzen Agenda.

Linke Politik hingegen darf die soziale nicht gegen die ökologische Frage ausspielen. Wien anders fordert deshalb eine deutliche Erhöhung der Flugabgabe. sowie die Zweckbindung der Einnahmen für den Ausbau ökologisch verträglichen öffentlichen Verkehrs. Weiters fordert Wien anders den sofortigen Stopp der Planungen für die dritte Piste des Flughafens Wien-Schwechat sowie die Aufhebung der Befreiung der Fluglinien von der Mineralölsteuer. Dies würde hunderte Millionen Euro zusätzlich in das Budget einspeisen, die für notwendige ökologische und soziale Projekte zur Verfügung stellen würden. Die Gleichzeitigkeit der Kürzungsdebatte bei der Mindestsicherung mit der geplanten Halbierung der Ticketsteuer zeigt, dass von der derzeitigen Regierung nichts weiter als die Begünstigung der großen Unternehmen bei gleichzeitiger Kürzung bei den Ärmsten zu erwarten ist. Wien anders steht für das genaue Gegenteil.

Martin Birkner

Zum Thema siehe auch http://kaktus.kpoe.at/article.php/2011100916412444